Das erste Weihnachts­geschenk

20.12.2023 | Deep Dive, Hintergrund

oder

Was wir von den drei heiligen Königen übers Schenken lernen können

 

Weihnachtsgeschenke haben eine lange Tradition. Übermäßiges Schenken wird oft kritisiert. Doch Geschenke können auch eine spirituelle Dimension haben. Die zu kennen, erleichtert das Schenken. Selbst wenn es „nur“ ein Klumpen Gold ist.

Eine nicht 100% ernste aber um so besinnlichere Betrachtung von Weihnachtsgeschenken.

Von Thomas Walter

 

Messe - das Messegebäude der Messe Nürnberg, in der auch die Deutsche Spielzeugmesse stattfindet

Das erste Weihnachtsgeschenk war – wie wir alle wissen – gar kein Weihnachtsgeschenk, sondern eher ein Geburtstagsgeschenk. Um ganz genau zu sein: ein Geburtsgeschenk. Aber Caspar, Melchior und Balthasar brachten nichts von dem, was man heute zu so einem Anlass erwarten würde. Keine Kuscheldecke, kein Mobile, kein Steifftier und bis zur Erfindung der Spieluhr dauerte es noch fast 2.000 Jahre. Sie schenkten in einer völlig anderen Klasse. Schließlich waren die drei noch bis zum 23. Dezember fest der Meinung, sie seien zur Geburt eines Königs eingeladen. Wahrscheinlich standen auch sie vor der ewigen Frage „Was soll ich nur schenken?“ Im Zweifelsfall gilt die Regel „viel hilft viel“ und wenn man keine originellen Geschenkideen hat, wird es meistens teuer. Also gab es die Königs-Klassiker: Gold, Weihrauch und Myrrhe.

Schauen wir uns die Geschenke mal genauer an. Warum Gold eine gute Idee ist, sollte jedem klar sein. Geldgeschenke gehen immer. Das ist zwar nicht besonders einfallsreich, aber zumindest haben sie keine Gutscheine verschenkt. Weihrauch und Myrrhe sind in weiten Kreisen der Bevölkerung spätestens seit dem Mittelalter aus der Mode gekommen; also muss man erklärend anmerken, dass dies Zutaten für kultische Handlungen und hochwertige Kosmetik und Medizin waren. Jeder Zeitgenosse hätte wohl zugestimmt, dass dies angemessene Gaben für einen König seien. Wenn auch nichts, was man in einem Stall erwartet hätte.

 

Deshalb gab es auch bis ins Mittelalter eine sehr pragmatische Deutung dieser Geschenkauswahl: Gold, weil Joseph und Maria schließlich arme Leute waren. Weihrauch gegen den Gestank im Stall und Myrrhe zur Stärkung der Gesundheit des Neugeborenen.

Hintergrund

Gold, Weihrauch, Myrrhe
Falls Sie auch einmal schenken wollen wie ein König: Gold, Weihrauch und Myrrhe sind immer noch etwas Besonderes und gehören preislich nach wie vor zur Oberklasse. Zumindest Gold und Myrrhe.

Gold: 1852 Euro pro Feinunze (31,1035768g)

Myrrhe: ca. 725 Euro pro Kilo

Weihrauch: ca. 35 Euro pro Kilo

Übrigens: So sieht Myrrhe aus. Genau genommen ist es das Harz des Myrrhe-Baums Commiphora myrrha, der unter anderem in Jemen und im Oman wächst.

Selbstverständlich ist eine dermaßen nüchterne Interpretation dem Ereignis nicht angemessen und so gab es schon in frühchristlicher Zeit metaphysische Deutung der Königsgaben. In apokryphen Texten wurde erklärt, dass die drei Geschenke die Rollen des Heilands versinnbildlichten: Das Gold stand für seine Rolle als König, der Weihrauch symbolisierte sein Gottwesen und die Myrrhe erinnerte daran, dass er ein (sterblicher) Mensch war, denn Myrrhe war auch eine klassische Opfergabe.

Vom Geschenk zum Sinnbild für geistige Gaben

Diese Deutung wandelte im Lauf der Jahrhunderte und die drei Geschenke wurden zum Sinnbild dessen, was ein Christ seinem Gott schenken soll: Im opus imperfectum in matthaeum aus dem 5. Jahrhundert stehen Gold, Weihrauch und Myrrhe stellvertretend für Glaube, Gebet und gute Werke. Und Martin Luther ordnete sie den christlichen Tugenden Hoffnung, Glaube und Liebe zu.

So wurden aus kostbaren Geschenken geistige Gaben, die dem Beschenkten zur Ehre und dem Schenkenden als Ansporn für ein gutes Leben dienen sollten. Am besten hört man sich die Kantate „Sie werden aus Saba alle kommen“ von Johann Sebastian Bach an. Dort werden die Geschenke genau erklärt.

Des Glaubens Gold, der Weihrauch des Gebets /

Die Myrrhe der Geduld sind meine Gaben /

Die sollst Du, Jesu, für und für /

Zum Eigentum und zum Geschenke haben.

Für Ungeduldige: die Stelle findet sich bei 11:03. Der Anfang ist aber auch sehr schön.

Mehr Denken beim Schenken!

Man sieht: Ein Geschenk kann mehr sein als nur das, was es ist. Die Frage ist deshalb nicht nur, was man schenkt, sondern auch warum bzw. wozu. Vielleicht ist es ja eine gute Schenk-Technik (und damit auch eine gute Art, bessere Beratungsgespräche zu führen) wenn man nicht nur nach Budget und äußerem Anlass fragt, sondern auch danach, welche Rolle Schenkender und Beschenkter spielen wollen.

Es muss ja nicht jedes Geschenk gleich eine Idee für künftige Welterlöser sein. Aber nichtsdestotrotz kann jeder Beschenkte viele Rollen einnehmen. So kann ein kleines Kind Abenteurer, Denker oder Forscher sein; der zu beschenkende Ehepartner will vielleicht einmal ein Künstler sein, ein Held – oder ein Schurke. Und nicht zuletzt kann man auch im Bachschen Sinn darüber nachdenken, welche eigene geistige Gabe man mit ins Geschenkpapier wickelt: Von Aufmerksamkeit bis Zuwendung kann jedes Geschenk auch ein Stück vom eigenen Herzen sein, das gegeben wird.

In diesem Sinn wünscht das ganze Team von planet toys ein frohes Weihnachtsfest. Machen Sie schöne Geschenke, lassen Sie sich schön beschenken.