Bürokratie­abbau: Zwischen Wunsch und Wirklichkeit

9.06.2025

Wie die EU kleinen Unternehmen helfen will – und warum viele sich eher ausgebremst fühlen.

Planet Toys Gefühlt. Gekauft. Geschenkt.

Die EU-Kommission verspricht eine Revolution: Weniger Bürokratie, weniger Hürden, mehr Wettbewerbsfähigkeit – vor allem für kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Doch die Realität sieht anders aus. Besonders in der Spielwarenbranche klagen Hersteller und Händler über immer neue Vorschriften, komplizierte Nachweispflichten und digitale Anforderungen. Der EU-Wettbewerbskompass sollte den Weg in eine bürokratieärmere Zukunft weisen – doch bislang gleicht er für viele eher einem Labyrinth.

„Weniger Papierkram“ – das große Versprechen

Die EU will den bürokratischen Aufwand um 25 % reduzieren. Für KMU sollen sogar 35 % der Berichtspflichten wegfallen. Vor allem Genehmigungsverfahren sollen beschleunigt und digitale Prozesse vereinfacht werden. Doch viele Unternehmen erleben bisher keine spürbare Entlastung. Mittelständische Spielwarenhersteller stehen vor der Herausforderung, sich durch die ständig wachsenden Produktsicherheitsvorgaben zu arbeiten, was erheblichen Zeitaufwand bedeutet und ihre Ressourcen belastet. Tatsächlich umfassen die relevanten Regelwerke in der EU Hunderte bis über tausend Seiten, darunter die neue Produktsicherheitsverordnung. Besonders umweltfreundliche Materialien unterliegen oft zusätzlichen Prüfnormen, was paradoxerweise nachhaltige Unternehmen härter trifft als Hersteller konventioneller Produkte.

Der Test-Wahnsinn geht weiter

Jede neue EU-Verordnung bringt neue dokumentative Nachweise mit sich – und die müssen erbracht werden. Nachhaltige Hersteller, die auf Plastik verzichten, trifft es besonders.  Der Holzspielwarenproduzent goki kritisiert: „Ich setze auf Naturmaterialien, aber muss mehr Nachweise erbringen als jemand, der billiges Plastik verwendet.“ Für kleine Manufakturen wird die Situation noch schwieriger, da sie oft nicht die Möglichkeit haben, für jede Produktvariante kostspielige Prüfsiegel einzuholen. Jedes neue Modell erfordert zusätzliche Tests, die nicht nur hohe Kosten verursachen, sondern auch lange Wartezeiten mit sich bringen.

Viele KMU fühlen sich von der Politik allein gelassen, denn für sie ist es wirtschaftlich kaum tragbar, dieselben teuren Zertifizierungsprozesse wie große Unternehmen zu durchlaufen.

Auch Händler sind betroffen. In vielen EU-Ländern müssen sie Verkaufsdaten digital übermitteln. Händler müssen zunehmend neue Software zur digitalen Verkaufsdatenerfassung nutzen, was besonders für kleinere Betriebe ohne IT-Kenntnisse eine Herausforderung darstellt.

Digitalisierung – Vereinfachung oder neue Hürde?

Die EU setzt auf digitale Lösungen, doch für viele Unternehmen bedeutet das mehr Aufwand statt Erleichterung. Neue Meldepflichten erfordern zusätzliche Programme, Schnittstellen und Anpassungen. Während große Firmen eigene IT-Abteilungen haben, müssen kleine Betriebe sich selbst durchkämpfen oder teure Berater engagieren. Behördenanfragen sollen digital einfacher werden, doch oft gibt es nur Verweise auf lange Dokumente statt klarer Antworten. Zudem fehlt eine einheitliche digitale Infrastruktur – was in einem Land funktioniert, erfordert anderswo völlig neue Systeme. Diese fehlende Harmonisierung erschwert es insbesondere kleinen Unternehmen, grenzüberschreitend zu arbeiten.

Wo bleibt die Unterstützung für kleine Unternehmen?

Die größte Kritik am EU-Wettbewerbskompass: Er bringt oft mehr Bürokratie statt weniger. Viele KMU fühlen sich im Stich gelassen. Statt klarer Leitlinien gibt es schwammige Formulierungen und endlose Dokumentationen.

Nationale Sonderregelungen erschweren den EU-weiten Verkauf von Spielwaren, da unterschiedliche Verpackungsvorschriften und Registrierungsanforderungen gelten. Statt Erleichterung führt der Binnenmarkt so zu mehr Bürokratie. Die Forderungen aus der Wirtschaft nach einer besseren Abstimmung zwischen EU-Institutionen und Unternehmen werden lauter. KMU wünschen sich klare und einheitliche Regeln, die ihnen das Geschäft erleichtern, anstatt es mit ständig neuen Berichtspflichten zu belasten.

Fazit: Mehr Bürokratie statt weniger?

Der EU-Wettbewerbskompass klingt gut – doch für viele Unternehmen ist er bislang nur ein theoretisches Konzept. Spielwarenhersteller und Händler erleben weiterhin steigende Anforderungen, wachsende Dokumentationspflichten und immer neue digitale Hürden. Jede neue Anforderung bindet Ressourcen – personell wie energetisch. Ein reiner Verwaltungsapparat frisst zudem jede Menge Strom.

Wirklicher Bürokratieabbau müsste anders aussehen: Weniger Berichte, weniger Nachweispflichten und eine einheitliche Regelung ohne nationale Sonderwege. Solange Brüssel neue Vorschriften einführt, während es alte nur teilweise abschafft, bleibt der Bürokratieabbau für viele Mittelständler eine Illusion.