Das Lizenzgeschäft hat sich grundlegend verändert

Fast 40 Jahre sind vergangen, seit Licensing International (ehemals LIMA) als weltweit führender Verband der internationalen Lizenzbranche ins Leben gerufen wurde. Von Anfang an war das Ziel klar: das Wachstum und die Bedeutung des Lizenzierens auf globaler Ebene zu fördern und zu unterstützen sowie das Bewusstsein für die vielfältigen Vorteile und Chancen des Lizenzierens in der Geschäftswelt zu schärfen.

Im Jahr 2000 erweiterte sich der Verband um das deutsche Chapter, geleitet von Heike Winner, die 16 Jahre lang erfolgreich die Geschicke des Verbandes lenkte. Unter ihrer Führung entstanden bedeutende Veranstaltungen wie der Tag der Lizenzen in Köln und der Licensing Market in München. Ihr folgte Peter Hollo, und seit Februar ist nun seine Nachfolgerin bekannt: Ute Stauss, eine Branchenbekannte durch ihre langjährige Tätigkeit bei The Walt Disney Company. Im Gespräch mit planet toys erläutert sie, wie die Zukunft der Verbandsarbeit aussehen wird.

Frau Stauss, Sie sind jetzt seit gut vier Monaten in „Amt und Würden“. Ihr Augenmerk lag in dieser Zeit vor allem auf intensiven Austausch mit Mitgliedern und ehemaligen Mitgliedern. Was ist Ihr Fazit aus all diesen Gesprächen in drei Sätzen zusammengefasst?

U.S.: Zunächst möchte ich mich bei den Mitgliedern für die Offenheit und Transparenz bedanken, die mir entgegengebracht werden und die dafür sorgen, dass meine bisherigen Gespräche sehr konstruktiv und ergebnisreich verlaufen sind. Zusammenfassend kann ich sagen, dass das Potenzial für Wachstum innerhalb des Verbandes groß ist und die Erwartungen entsprechend hoch sind. Wir sind uns der vielfältigen Möglichkeiten und der Herausforderungen, die vor uns liegen, bewusst. Und wir sind fest entschlossen, diese mit Engagement und Einsatz anzugehen, um unser Ziel zu erreichen, nämlich wieder ein relevanter Partner der Lizenzindustrie im deutschsprachigen Raum zu sein.

Wohin sieht Licensing International Deutschland die Reise für die Lizenzindustrie gehen? Welche langfristigen Ziele werden angestrebt?

U.S.: In den letzten Jahren hat sich das Lizenzgeschäft grundlegend verändert. Neue IPs, Produktkategorien und Käufergruppen sind entstanden und damit großartige Chancen, im Bereich Lizenzen weiter zu wachsen. Insbesondere während der Pandemie sind neue Zielgruppen dazugekommen und Kategorien wie Home & Living, Gaming und Collectibles, die zuvor weniger Aufmerksamkeit erhielten, verzeichneten beträchtliche Zuwächse. Heute werden neue Trends von Verbrauchern viel schneller aufgegriffen und gewinnen rasant an Beliebtheit. Gerade die Bereiche Sport, Manga, Gaming und Beauty, um nur einige zu nennen, boomen und daraus ergeben sich sehr viele Potenziale für den Lizenzbereich. Ein herausragendes Beispiel dafür ist die NFL. Deutschland hat sich inzwischen zum „Kernmarkt“ außerhalb der USA entwickelt und verzeichnet die meisten aktiven Fans.
Und langfristig arbeiten wir weiter kontinuierlich daran, das Thema Lizenzen noch mehr in den Fokus rücken. Es ist und bleibt ein Bereich mit großem Wachstumspotenzial. In unseren Nachbarländern wie beispielsweise Frankreich, Italien und UK wird das Potenzial von Lizenzen viel positiver bewertet und deutlich umfangreicher ausgeschöpft, als es bisher hier bei uns in Deutschland der Fall ist.

Sie haben vier strategische Säulen definiert, auf denen zukünftig die Verbandsarbeit aufgebaut werden soll. Können Sie uns diese bitte kurz skizzieren?

U.S.: Wir wollen als Verband ein unverzichtbarer Partner für alle Player in der Lizenzbranche sein, wichtige Impulse für die Zukunft setzen und echte Mehrwerte liefern, die unsere Mitglieder und die gesamte Branche nach vorne bringen. Dazu haben wir vier Kernbereiche definiert, die wir aktuell ausarbeiten und mit konkreten Maßnahmen befüllen.

Ausbau der Mitgliederstärke
Damit unsere Arbeit möglichst großen Impact erzielen kann und die Vielfalt und Bandbreite der Unternehmen in unserem Verband weiterwächst, werden wir aktiv an der Gewinnung neuer Mitglieder arbeiten. Dabei gehen wir auch gezielt in Bereiche, in denen noch sehr viel Potenzial steckt, wie z. B. Sport, Gaming und Beauty. Und natürlich möchten wir auch gerne ehemalige Mitglieder, die den Verband verlassen haben, von unserem Angebot überzeugen und zurückgewinnen.

Kommunikation, PR und Marketing
Durch proaktive Kommunikation, PR-Arbeit und Marketing-Maßnahmen werden wir Licensing International mehr Sichtbarkeit verleihen und das Profil in der Öffentlichkeit stärken. Ebenso wichtig ist uns die interne Kommunikation mit unseren Mitgliedern, die wir ebenfalls stetig weiter intensivieren, und auch hier neue Formate entwickeln.

Events & Veranstaltungen
Veranstaltungen sind für uns elementar als Plattform für Informationsaustausch und Networking. Hier werden wir erfolgreiche Formate, die unsere internationalen Teams bereits umgesetzt haben, für den deutschen Markt adaptieren. So zum Beispiel den „Licensing for Retail Day“, der sich gezielt an den Handel wendet und umfänglich zum Thema Lizenzen und den großen Potenzialen und Umsetzungsmöglichkeiten informiert. Des Weiteren wollen wir auch wieder regelmäßig Webinare veranstalten und Round-Table-Treffen im kleineren Rahmen zu bestimmten Themenschwerpunkten veranstalten. Wichtig ist uns auch weiterhin die Nachwuchsförderung im Lizenzbereich und deshalb werden wir für unser Young Professional Network ebenfalls Seminare und Events anbieten. Und zum Jahresende wird es eine große Veranstaltung in München geben, bei der wir gerade in die Planung starten.

Kooperationen
Gemeinsam sind wir stärker und kommen deutlich weiter, das ist unsere feste Überzeugung. Deswegen werden wir unser Netzwerk an Kooperationspartnern weiter ausbauen. Neben der BRANDmate und der Spielwarenmesse arbeiten wir dieses Jahr auch erstmals mit der Frankfurter Buchmesse zusammenarbeiten, worüber ich mich sehr freue. Weitere Kooperationen sind in Planung, allerdings noch nicht spruchreif.

Der Tag der Lizenzen in Köln hat in diesem Jahr pausiert, und auch die Award-Verleihung wird ausgesetzt – die zwei Kernveranstaltungen von Licensing International Germany. Heißt das, Sie krempeln die bisherige Verbandsarbeit komplett um? Oder andersrum, braucht die Branche keine Licensing International Veranstaltungen mehr?

U.S.: Ganz im Gegenteil! Möglichkeiten für Networking und persönlichen Austausch zu schaffen, ist ein Kernbestandteil unserer Arbeit und dafür braucht es selbstverständlich Veranstaltungen für unsere Mitglieder. Wir werden jedoch das eine oder andere Format ein bisschen „renovieren“ und zeitgemäßer durchführen. Wir arbeiten auch schon an neuen Event-Ideen. 2024 ist für uns das Jahr der Transformation und wir werden in den kommenden Wochen und Monaten noch einiges zu berichten haben.

In einem sind sich die Mitglieder einig: Der Handel muss stärker in den Fokus gerückt und in die Aktivitäten eingebunden werden. Gibt es spezifische Maßnahmen oder Programme, die darauf abzielen, die Zusammenarbeit mit dem Retail zu intensivieren und die Verbreitung lizenzierter Produkte zu fördern?

U.S.: Der Handel ist auch für uns von Licensing International ein absolutes Fokusthema. Im März dieses Jahres hat unser Team in London zum zweiten Mal den „Licensing for Retail Day“ veranstaltet, der mit über 200 Teilnehmenden ein großer Erfolg war. Derzeit arbeiten wir daran, ein ähnliches Format für das Jahr 2025 auch in Deutschland zu veranstalten.

Sie, bzw. Licensing International Germany, möchten den Bereich der Kooperationen weiter ausbauen. Momentan stehen hier ja mit der Spielwarenmesse und der BRANDmate die Bereiche Kids Entertainment und Toys im Fokus. Welche anderen Kategorien werden hier ins Auge gefasst?

U.S.: In der Tat sind Kooperationen ein wichtiger Bestandteil unserer strategischen Ausrichtung, denn mehr als jemals zuvor glauben wir fest daran, dass wir gemeinsam deutlich mehr erreichen können. Wir freuen uns sehr, dass wir dieses Jahr erstmals eine Partnerschaft mit der Frankfurter Buchmesse eingehen, eine Kooperation, die in der Branche schon lange erwartet wurde. Darüber hinaus sind wir sehr interessiert an den aufregenden Möglichkeiten, die sich in den Bereichen Sport, Lebensmittel, Beauty und Influencer eröffnen, und werden unser Engagement in diese Richtungen ausweiten.

Bei professioneller und erfolgreicher Verbandsarbeit geht es in Ihren Augen nicht um „Let me entertain you“. Was genau meinen Sie damit?

U.S.: Verbandsarbeit bedeutet, gemeinsam zu agieren und zu gestalten. Das ist keine Einbahnstraße. Eine offene Kommunikation und regelmäßiger Austausch ermöglichen eine konstruktive Zusammenarbeit und sind entscheidend, um erfolgreich zu wachsen und als Branche attraktiv zu sein.

Eine der strategischen Säulen ist Marketing, Kommunikation und PR. Wie möchte Licensing International in diesem Bereich aktiv werden, um die Branche zu fördern und zu stärken?

U.S.: Die Kommunikation nach außen in den Markt und nach innen an die Mitglieder ist für uns in der Tat ein zentrales Thema. Wir haben uns in diesem Bereich personell mit einer sehr erfahrenen Kommunikatorin verstärkt, um den umfangreichen Aufgaben gerecht werden zu können. PR-Arbeit spielt dabei natürlich eine wichtige Rolle. Wir haben seitens Licensing International viele relevante Insights und Studien, die wir künftig möglichst breit teilen wollen. Ebenso wollen wir dem Thema Lizenzen und der Branche mehr Sichtbarkeit und eine größere Stimme im Markt geben. Und uns gleichzeitig als primäre Anlaufstelle für Medien etablieren, die über das Thema Lizenzen und alles, was dazu gehört, berichten. Der Ausbau der Social-Media-Aktivitäten, in dem Fall auf LinkedIn, steht ebenso auf dem Plan wie Vorträge auf Branchen- und Fachveranstaltungen. Und natürlich ist uns auch die interne Kommunikation und der enge Austausch mit unseren Mitgliedern sehr wichtig. Diesen haben wir bereits intensiviert und arbeiten auch hier an neuen Formaten für eine regelmäßige und inhaltlich relevante Kommunikation.

Für November wurde eine große Veranstaltung angekündigt. Können Sie schon etwas mehr darüber verraten, was die Mitglieder erwarten dürfen?

U.S.: Unsere Mitglieder können sich auf eine Veranstaltung Anfang November in München freuen. Über Details kann ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sprechen, aber so viel kann ich schon mal verraten: Das Event wird in einem neuen, modernen Rahmen stattfinden.

Frau Stauss, wir bedanken uns für das Gespräch.