Heraus­forderungen im Licensing

23.06.2025

Marken nutzen – aber richtig: die größten Herausforderungen im Licensing aus Sicht des Lizenznehmers in der Spielwarenbranche

Von Stefan Hilbck

 

Planet Toys Gefühlt. Gekauft. Geschenkt.

 

Licensing gilt als dynamische und erfolgversprechende Branche – doch hinter den Kulissen warten nicht nur bunte Markenwelten, sondern auch vielfältige Herausforderungen. In unserer Artikelserie beleuchten Branchenkenner diese Facetten aus erster Hand. Nach Helena Perheentupa (StrateDoo) berichtet nun Stefan Hilbck von Joy Toy aus Sicht eines erfahrenen Lizenznehmers – ehrlich, praxisnah und mit klarem Blick für die Realität.

In der Spielwarenbranche sind starke Marken oft der Schlüssel zum Verkaufserfolg. Ob bekannte Kinofranchises, beliebte Kinderbuchfiguren oder trendige Serien – Lizenzen bieten Spielwarenherstellern und Händlern enormes Marktpotenzial und eine sinnvolle Ergänzung zum Standardsortiment. Themen wie z. B. PAW Patrol, Star Wars oder Jurassic World kennt fast jeder und sie sind Frequenzbringer. Doch der Einstieg ins Lizenzgeschäft ist komplexer, als es auf den ersten Blick scheint. Lizenznehmer sehen sich mit einer Vielzahl an Herausforderungen konfrontiert, die strategisches Denken, Fingerspitzengefühl und oftmals auch Durchhaltevermögen erfordern. Hier sind vier zentrale Problemfelder, mit denen sich Lizenznehmer regelmäßig auseinandersetzen müssen:

1. Die Qual der Wahl: Die richtige Lizenz finden

Die Entscheidung für oder gegen eine Lizenzmarke ist kein spontaner Kreativprozess oder ein reines Bauchgefühl, sondern eine sorgfältig überlegte und mit äußerster Sorgfalt vorgenommene strategische Weichenstellung, bei der etwaige Chancen und Risiken exakt abgewogen werden. Aktuelle Trends und virale Hypes verleiten oft dazu, schnell auf den Zug aufzuspringen – doch das birgt eine Vielzahl an Gefahren.
Mögliche Risiken sind:

  •  Kurzlebigkeit: Was heute gehypt wird, kann morgen schon aus dem Fokus verschwunden sein.
  • Kompatibilität: Passt das Lizenzthema zu meinem Produktportfolio?
  • Kaufbereitschaft: Nicht jedes Hype-Thema lässt sich in einen konsumierbaren Artikel umsetzen.
  • Zielgruppenrelevant: Eignen sich die angebotenen Kategorien auch für die Zielgruppe?
  • Finanzierung: Wie hoch sind die Lizenzgebühren und dieMinimum-Garantie?
  • Timing: Bin ich wirklich zur richtigen Zeit mit meinem Produkt auf dem Markt?
  • Verlässlichkeit: Was unternimmt der Lizenzgeber, um den Hype zu erzeugen oder aufrechtzuerhalten?

Hersteller und Lizenznehmer müssen genau prüfen: Welches Potenzial birgt das Thema? Passt die Marke zur eigenen Produktwelt? Spricht sie die Zielgruppe tatsächlich an? Und kann sie auch mittel- bis langfristig am Markt bestehen?

Die Wahl der falschen Lizenz kann im wahrsten Sinne des Wortes teuer werden. Dies betrifft neben den Entwicklungs- und Bevorratungskosten auch noch die Lizenzgebühren sowie eine Minimum-Garantie (MG) auf den jährlichen abgerechneten Umsatz. Sollte diese MG nicht erreicht werden, wird eine Strafzahlung fällig, zusätzlich zu den schwer verkäuflichen Lagerbeständen.

2. Design unter Aufsicht: Der mühsame Weg zur Freigabe

Ist die Lizenz einmal gesichert, folgt die kreative Umsetzung – allerdings unter strenger Aufsicht des Lizenzgebers. Vom ersten Produktentwurf über die Verpackung bis hin zu Werbemitteln muss alles abgestimmt und genehmigt werden. Dieser Freigabeprozess ist oft langwierig und unterliegt internationalen Abstimmungen, insbesondere bei globalen Lizenzthemen. „Die gelbe Blume sollte noch 1 mm nach rechts wandern“ oder „Die Augenbrauen müssen enger zusammenstehen“ sind nur ein einige von vielen Abstimmungsverläufen. Dies verlängert den Time-to-Market-Prozess erheblich und bindet wertvolles Kapital. Gerade bei 3-D-Produkten wie Plüsch oder Keramik ist das Sampling sehr kostenintensiv und erheblich aufwendiger als der Druck auf einem T-Shirt. Das Resultat: Kreative Spielräume werden eingeschränkt,
Time-to-Market verlängert sich – eine echte Herausforderung in einer Branche, die stark saisonal geprägt ist und schnell auf Trends reagieren muss.

3. Exklusivität & Wettbewerbsdichte: Der Preis der Reichweite

Kaum eine Lizenz wird heute noch exklusiv vergeben – zumindest nicht an kleinere bis mittelständische Hersteller. Die meisten Markeninhaber setzen auf fragmentierte Rechtevergabe nach Kanälen und Produktsegmenten.
Die Auswirkungen sind massiv: • Marktüberlappungen zwischen Lizenznehmern

  • Preisdruck durch Sortimentsähnlichkeit und Globalisierung (EU)
  • Schwierigkeit der Marken-Differenzierung auf SKU-Ebene
  • Einschränkung der Kategorien

Vor allem in margenempfindlichen Handelskanälen wie Discountern oder Online-Plattformen kommt es dadurch zu Kannibalisierungseffekten. Wer nur über den Preis agiert, riskiert Margenverluste und ist austauschbar. Wer hier erfolgreich bestehen will, braucht eine besonders starke Produktdifferenzierung, Qualität und den Mut zur Nische, etwa durch mikrosegmentierte Produkte und kreative Ansätze.

4. Markenpflege mit Verantwortung: Qualität ist Pflicht

Eine Lizenz ist mehr als ein Verkaufsargument – sie ist ein Versprechen an Qualität. Lizenznehmer tragen eine Mitverantwortung für das Bild der Marke am Markt. Das beginnt bei der konsequenten Einhaltung von Qualitäts- und Gestaltungsrichtlinien und endet nicht selten bei der Umsetzung im Handel. Fehlverhalten – sei es durch unpassende Designs, unautorisierte Werbemaßnahmen oder schlechte Produktqualität – kann schnell zu Abmahnungen oder gar dem Entzug der Lizenz führen. Markenpflege bedeutet in diesem Kontext vor allem: Sorgfalt, Respekt, qualitativen Anspruch und Professionalität. Punkte, die in Zeiten von TEMU oder SHEIN noch prägnanter geworden sind.

FAZIT: Lizenzgeschäft erfordert Lizenz-Können

Für Branchenkenner ist klar: Licensing ist kein Selbstläufer – es ist ein Geschäftsfeld mit eigenem Regelwerk, spezifischen Kostenstrukturen und hohem Abstimmungsaufwand. Wer hier nachhaltig erfolgreich sein will, braucht neben marktnaher Sortimentsplanung auch eine exzellente interne Koordination zwischen Produktentwicklung, Vertrieb, Recht und Marketing. Es braucht Marktkenntnis, Prozessverständnis, Fingerspitzengefühl für Markenführung und die Bereitschaft, sich in ein komplexes Regelwerk einzuarbeiten. Marken nutzen bedeutet nicht nur, auf Bekanntheit zu setzen – es bedeutet, Verantwortung zu übernehmen. Nur wer bereit ist, die strukturellen Herausforderungen proaktiv zu gestalten, kann aus einem Lizenzvertrag mehr machen als nur ein Logo auf einer Verpackung. Das Lizenzgeschäft in der Spielwarenbranche ist reizvoll – aber anspruchsvoll. Denn am Ende gilt: Nur wer Lizenzen mit Verantwortung und Weitsicht nutzt, kann auch langfristig von ihrer Strahlkraft profitieren.

Stefan Hilbck

ist Lizenzexperte und bringt jahrelange Erfahrung in Handel und Vertrieb mit. Zusammen mit den Geschäfts­führerinnen Alexandra Plaickner und Angelika Kastlunger treibt er bei Joy Toy das Lizenz­geschäft voran und erweitert erfolgreich die globale Markenpräsenz.