Lizenzspielzeug – Boom oder Risiko?

7.06.2025

2024 erreichten Lizenzspielzeuge Rekordzahlen. Doch die Branche muss sich für 2025 neu ausrichten, um Vielfalt und Kreativität zu bewahren.

Planet Toys Gefühlt. Gekauft. Geschenkt.

Das Jahr 2024 hat einmal mehr gezeigt, wie stark Lizenzspielzeuge den Markt prägen können. Während der Markt für nicht-lizenzierte Produkte um 5 % schrumpfte, verzeichneten Lizenzthemen ein Plus von 2 %. Damit erreichten sie einen Rekordanteil von 28 % am gesamten Spielwarenmarkt. Namen wie Star Wars, Harry Potter und Pokémon bleiben die unangefochtenen Spitzenreiter, doch auch neue Marken wie Gabby’s Dollhouse, Bluey und Lilo & Stitch konnten stark zulegen. Besonders auffällig war das Wachstum bei Serien, die auf Streaming-Plattformen wie Netflix verfügbar sind. Gabby’s Dollhouse, ein Animationshit für jüngere Kinder, hat nicht nur die Zuschauerzahlen in die Höhe getrieben, sondern auch Spielzeugregale erobert. Plüschtiere, Puppenhäuser und interaktive Produkte zu der Serie waren 2024 besonders gefragt. Für Michael Edl, Geschäftsführer von ROFU Kinderland, war 2024 das Jahr, in dem Lizenzspielzeuge sich endgültig als Umsatztreiber etabliert haben. Kinder, so Edl, würden nicht nur Produkte kaufen, sondern Geschichten mit ihren Helden weiterspielen wollen – eine Verbindung, die die Stärke dieser Produktkategorie erklärt.

Ein Wachstum mit Schattenseiten

Doch die Erfolgsgeschichte hat auch ihre Kehrseiten. Die Konzentration auf Lizenzprodukte führt zu einer Verengung des Marktes. Kleine Hersteller, die keine teuren Lizenzvereinbarungen eingehen können, kämpfen zunehmend um Marktanteile. Gleichzeitig bleibt durch die hohen Lizenzgebühren weniger Budget für die Entwicklung neuer, origineller Spielideen. Einen globalen Maßstab liefert Ben Roberts, Content Director EMEA bei License Global: Rund 12 % des weltweiten Lizenzumsatzes entfallen inzwischen auf Spielwaren. Diese Zahlen verdeutlichen die Bedeutung der Kategorie, werfen aber auch die Frage auf, wie nachhaltig der Fokus auf Markenprodukte ist. Europa, das für viele Hersteller ein wichtiger Markt ist, zeigt dabei eine differenzierte Entwicklung. Joachim Stempfle von Circana hebt hervor, dass Lizenzspielzeuge in Europa trotz eines allgemeinen Umsatzrückgangs von 3,1 % im Jahr 2024 um 2,4 % wachsen konnten. Allerdings warnt er, dass sich der Markt immer stärker auf wenige große Marken konzentriere und damit die Vielfalt gefährdet sei. Die Auswirkungen dieser Entwicklung sind auch auf Seiten der Verbraucher zu spüren. Eltern, die zunehmend auf Preis-Leistungs-Verhältnis und Nachhaltigkeit achten, könnten sich von den oft hochpreisigen Lizenzprodukten abwenden. Gleichzeitig droht der Verlust von Spielzeugen, die die Fantasie der Kinder stärker anregen. Edl sieht hierin eine langfristige Gefahr für die Entwicklung der Kreativität.

2024: Die Bedeutung von Gaming-Lizenzen

Ein weiterer Trend, der 2024 dominierte, war der Siegeszug der Gaming-Lizenzen. Marken wie Minecraft oder Fortnite zählen bereits seit einigen Jahren zu den Spitzenreitern, doch 2024 traten neue Player auf den Plan. Besonders Roblox konnte im vergangenen Jahr mit einem vielseitigen Produktportfolio und einer wachsenden Community punkten. Auch traditionelle Videospielmarken wie Zelda oder Super Mario erlebten durch neue Spiele und Filme einen Aufschwung. Hersteller wie LEGO setzten verstärkt auf Kooperationen mit Gaming-Lizenzen und kombinierten physische Baukästen mit digitalen Interaktionen. Dieser Hybrid-Ansatz ist ein Spiegel des Medienverhaltens der Kinder. Sie wechseln mühelos zwischen physischen und digitalen Welten, und Spielwarenhersteller greifen diesen Trend mit Produkten auf, die beide Dimensionen verbinden. Augmented-Reality-Baukästen oder App-gestützte Spiele sind nur der Anfang einer Bewegung, die 2025 noch stärker werden könnte.

Wie Händler 2024 reagierten

Für Händler war 2024 ein Jahr, das Flexibilität und sorgfältige Planung gleichermaßen erforderte. Einerseits sorgten Lizenzprodukte für stabile Umsätze, andererseits stellten sich Fragen zur Rentabilität bestimmter Marken und zur Lagerhaltung. Michael Edl hebt hervor, dass ROFU auf eine Mischung aus bewährten Marken und kreativen Nischenprodukten setzte. Lizenzfreie Produkte, die sich durch Qualität und Originalität auszeichnen, seien ein wichtiger Baustein, um den Kunden Abwechslung und Vielfalt zu bieten. Dr. Jan Weischer von BabyOne verweist darauf, dass Eigenmarken zunehmend an Bedeutung gewannen. Diese erlauben es Händlern, sich von der Konkurrenz abzuheben und gleichzeitig eine preisgünstige Alternative zu lizenzbasierten Produkten anzubieten.

2025: Die Trends der Zukunft

Die Spielwarenbranche steht 2025 vor einem entscheidenden Jahr. Lizenzprodukte werden weiterhin dominieren, doch neue Dynamiken könnten den Markt nachhaltig verändern. Streamingdienste wie Netflix und Disney+ arbeiten bereits an neuen Serien, die das Potenzial haben, zukünftige Kassenschlager zu werden. Insbesondere die kommende Avatar-Serie, die 2025 erscheinen soll, wird als einer der größten Lizenztrends des Jahres gehandelt. Videospiel-Lizenzen dürften ihren Einfluss weiter ausbauen. Roblox, das bereits 2024 eines der erfolgreichsten digitalen Ökosysteme war, plant den Launch neuer Merchandising-Produkte, die sich speziell an jüngere Zielgruppen richten. Zelda, das durch den Erfolg des Spiels „Tears of the Kingdom“ wieder im Fokus steht, wird voraussichtlich weitere Kooperationen mit Spielwarenherstellern eingehen.

Preis statt Nachhaltigkeit

Auch wenn Nachhaltigkeit weiterhin ein wichtiges Thema bleibt, hat sich der Fokus der Verbraucher verändert. Experten beobachten, dass viele Eltern umweltfreundliche Materialien wie recyceltes Holz oder biologisch abbaubaren Kunststoff inzwischen als selbstverständlich voraussetzen. Hersteller wie Hape oder Green Toys, die solche Materialien mit beliebten Lizenzfiguren kombinieren, stoßen zwar weiterhin auf Interesse, doch der Preis spielt eine zunehmend entscheidende Rolle. Kunden sind immer seltener bereit, für nachhaltige Spielzeuge mehr zu bezahlen als für Produkte aus herkömmlicher Produktion. Gleichzeitig könnte Inklusion weiterhin an Bedeutung gewinnen. Serien wie Bluey, die den Alltag von Familien auf humorvolle und realistische Weise zeigen, haben gezeigt, dass Vielfalt nicht nur bei den Geschichten, sondern auch bei den Produkten ein Erfolgsfaktor sein kann. Dennoch bleibt abzuwarten, wie sehr sich dieser Trend im Spielwarenmarkt von 2025 durchsetzen wird.

Wird 2025 ein Jahr der Vielfalt?

Die Spielwarenbranche steht vor einer entscheidenden Frage: Kann sie den Boom der Lizenzprodukte nutzen, ohne die kreative Vielfalt zu verlieren? Branchenexperten sind optimistisch, dass Innovation und Nachhaltigkeit die entscheidenden Treiber des kommenden Jahres werden und man den Mut haben muss über den Tellerrand zu schauen. Lizenzprodukte werden die Branche weiter begleiten, aber man darf auch neue Wege gehen. Die kommenden Monate werden zeigen, ob es gelingt, ein Gleichgewicht zwischen bekannten Lizenzen, neuen Trends und originellen Ideen zu finden.

Patricia Winkler

CEO von aivory, unterstützt Unternehmen mit dem „KI-Führerschein“ und Coachings bei der nachhaltigen Integration von KI. Mehr unter:
aivory.club