Moses Spiele müssen sich abheben
Edukative Unterhaltung und immer eine Idee mehr lauten die Botschaften des Kempener moses. Verlages. Auch bei den Spielen verfolgt der Verlag eine klare Linie. planet toys sprach mit der geschäftsführenden Gesellschafterin Nina Tebartz.
Frau Tebartz, Sie sind jetzt genau zehn Jahre im Unternehmen. Wo spürt man Ihre Handschrift oder wo haben Sie dem Verlag Ihren Stempel aufgedrückt?
Nina Tebartz: Mein Ehrgeiz war es nie, moses. einen Stempel aufzudrücken. Wir hatten ein lange geplantes und, wie ich behaupten möchte, ein sehr gut ausgeführtes Übernahmekonzept. Wesentliches Ziel war es, dass ich die Kultur verstehe, die in diesem Unternehmen existiert, und wie man generell mit Führung umgeht. Deswegen haben Gerd Herterich, einer der Firmengründer, und ich moses. einige Jahre zusammen geleitet.
Sie werden doch nicht zehn Jahre lang nur gelernt haben, oder?
N. T.: (lacht) Nein, um Gottes willen! Seit 2016 leite ich mit Björn Wandtke den Verlag, aber die Tatsache, dass die alte Führungsriege ausgeschieden ist und neue Geschäftsführer ans Ruder gekommen sind, heißt nicht, dass man auch eine 180°-Wende vollzieht. Im Kern wollten wir das Unternehmen und seine gelebten Werte so weiterführen. Die Herausforderungen liegen eher in der Frage, was Unternehmertum per se heute bedeutet, weil Unternehmen immer im Wandel sind und sich Märkte bewegen. Neue Baustellen wie die der Digitalisierung kommen hinzu. Sicherlich habe ich, als ich 2013 hierherkam, einen stärkeren Schwerpunkt auf das Marketing gelegt. Unsere Messeauftritte wurden überarbeitet, ebenfalls die Online-Präsenz, die Kataloge wurden komplett neu gemacht, das Logo umgestaltet, das waren die Schwerpunkte, die ich gelegt habe.
Ihr 1991 gegründetes Unternehmen firmiert als Verlag. Schauen wir uns das Portfolio an, kommen uns Zweifel, ob die Firmierung noch zutrifft. Verraten Sie uns, wer oder was moses. heute ist?
N. T.: Wir sehen uns nicht nur als einen klassischen Verlag, sondern moses. war immer ein Verlag mit Mehrwert, der das volle Programm bietet. Wir unterhalten komplett und stehen für Content. Gleichzeitig findet man Geschenke und Spielwaren drumherum, die das Programm zum Teil ergänzen, aber zum Teil auch separat für sich stehen. Edukative Unterhaltung lautet unsere Botschaft Schwerpunkt war von Anfang an das Kindersachbuch, sprich „Bücher mit was dran“.
Das klassische erzählende Bilderbuch und die erzählende Kinderliteratur fehlen nach wie vor. Gibt es dafür Gründe?
N. T.: moses. hat durchaus Versuche unternommen, ins erzählende Kinderbuch vorzustoßen, aber rückblickend muss man sagen, dass wir vielleicht zu zögerlich oder gar zu naiv waren. Es gibt viele etablierte Verlage, die das als Kernkompetenz haben, und wenn man in diesem Bereich kein Standing hat, ist es ganz schwer, hier zu reüssieren. Dafür braucht es einen klaren Fokus und, strategisch gesehen, viel Geld. Bei uns wächst das Kindersachbuch seit Jahren sehr gut, weil es von Anfang an unsere Kompetenz war. Darauf möchten wir uns weiterhin konzentrieren, weil man uns das einfach abnimmt.
Kinderbücher waren in den letzten Jahren die großen Gewinner im Buchmarkt. 2022 ging der Um- und Absatz allerdings zurück. Der Trend zu rückläufigen Absatzzahlen hält im 1. Halbjahr 2023 an. Spürt auch moses. diese Kaufzurückhaltung?
N. T.: Das merken wir tatsächlich noch nicht. Seit Jahren wachsen wir kontinuierlich, auch dieses Jahr. Unsere Erwartungen für 2023 liegen bei etwa 40 Mio. €, was ein schönes und zufriedenstellendes Plus bedeuten würde.
Woran liegt es, dass moses. so gut dasteht?
N. T.: Vielleicht daran, dass aufgrund der Coronapandemie noch ein großer Nachholbedarf an edukativen Produkten vorhanden ist. PhänoMINT läuft z. B. sehr gut, aber auch die Reihe Expedition Natur. Nein, die Schwäche des Buchmarktes können wir nicht bestätigen.
Ihr Programm basiert auf den vier Säulen „Kinderwelt“, „Geschenke und Design“, „Spiele & Wissen“ sowie den „Saison-Waren“. In den vergangenen Jahren nahm moses. bei Spielen ordentlich Fahrt auf. Der Katalog Spiele & Wissen umfasste 2010 genau 68 Seiten, heute sind es 170. Ist „Spiele & Wissen“ heute die wichtigste Säule?
N. T.: Nein, lange Zeit lagen die Bereiche tatsächlich auf demselben Niveau. Momentan hat die Kinderwelt die Nase vorne. Im Spiele-Bereich haben uns die Black Stories natürlich groß gemacht, das ist überhaupt keine Frage. Im nächsten Jahr feiern wir mit der Reihe das 20-jährige Jubiläum. Unter dieser Marke kennt man uns bei Spielen, mit ihr und den Autoren sind wir gewachsen. Ein sehr wichtiger Punkt war auch die Kooperation mit Sebastian Fitzek im Spiele-Bereich, weil hier zwei Dinge zusammentrafen: ein großer Roman-Autor und ein großer Spiele-Autor. Heraus kamen richtig coole Spieleideen. Die Zusammenarbeit hat uns im Spiele-Bereich einen ganz großen Schritt nach vorne gebracht.
Wie würden Sie die Rolle von moses. im Markt der kaum noch überschaubaren Spiele-Verlage definieren?
N. T.: Die Fitzek-Spiele sind sehr anspruchsvolle, komplexe Familienspiele. Das ist für uns die Grenze. Kennerspiele sind deshalb nicht unsere Sache, dafür kennt man uns auch nicht. Da verhält es sich wie bei der erzählenden Kinderliteratur. moses. steht für sehr kurzweilige Spiele, die sich in Ausstattung und Design abheben. Ich würde behaupten, die meisten moses. Spiele erkennt man allein an diesen beiden Faktoren. Natürlich gehören da auch tolle Spielekonzepte dazu. Grundsätzlich versuchen wir Spiele für Gelegenheitsspieler auf den Markt zu bringen, die kurzweilig sind, die viel Spaß machen, die ein tolles Design haben und die schöne Mitbringgeschenke sind.
Spiele konnten aufgrund der Pandemie 2020 und 2021 überproportional zulegen. Seit 2022 geht es rückwärts. Auch die Umsätze im ersten Halbjahr 23 zeigen nach unten. Müssen sich die Verlage auf ein weiteres schwieriges Jahr einstellen?
N. T.: Der Markt berappelt sich.
Soll heißen?
N. T.: Natürlich sind in der Pandemie die Umsätze durch die Decke gegangen. Das war ein Riesenhype. Danach gab es eine rückläufige Entwicklung, weil sich jeder mit Spielen eingedeckt hatte und nach der Pandemie die Menschen froh waren, wieder raus zu dürfen, um andere Dinge zu machen. Wir sehen aber, dass der Markt sich wieder positiv entwickelt und wir auf ein normales Niveau kommen. Die Umsätze heute sind immer noch besser als die vom Vor-Corona-Jahr 2019.
Die Black Stories haben Sie pünktlich zum Jubiläum in die Restaurierungswerkstatt geschickt. Was kam dabei raus?!
N. T.: (lacht) Ein besseres Produkt als vorher natürlich. Nein, wir haben die Grafik leicht modifiziert und die Bildsprache modernisiert. 20 Jahre war das gleichgeblieben. Das Ganze sollte nach der Überarbeitung zeitgemäßer wirken, ohne dass die Betrachter merken, dass wir Hand angelegt haben. Zum anderen gibt es die alte klassische Spielvariante, die wir lediglich um eine „spielhaftere“, wie ich das mal nennen möchte, mit Punktechips ergänzt haben, um auch kompetitiv spielen zu können.
Das Motto von moses. lautet seit 32 Jahren: Eine Idee mehr. Überraschen Sie uns doch einmal. Auf was müssen sich die Kunden im Herbst gefasst gemacht?
N.T.: (lacht) Wahrscheinlich sind die Black Stories das Highlight und genau das Produkt, bei dem wir den allergrößten Wandel vollzogen haben, um das Versprechen einzulösen. moses. geht es aber grundsätzlich darum, dass wir uns bei jedem Produkt und bei allem, was wir tun, fragen, ob das eine Idee mehrfür den Kunden bedeutet. Es reicht nicht, dass ein Produkt nur die grüne oder blaue Variante des pinken Modells ist. moses. Produkte sollten innovativ, ein bisschen charmanter, lustiger, schöner und ein bisschen edukativer sein als andere. Diesen Anspruch haben wir, um am Markt zu bestehen.
Welcher Vertriebsweg ist für moses. der wichtigste: der Buch-, der Spielwarenoder der Onlinehandel?
N.T.: Der Onlinehandel wird zwar immer wichtiger, aber moses. war immer sehr breit aufgestellt. Der Buchhandel ist immer noch der wichtigste Vertriebsweg für uns.
Anfang Oktober geht es wieder in den Essener Messehallen rund. Über 1.500 neue Spiele buhlen um die Gunst der Besucher. Was fährt moses. auf?
N.T.: Sehen wir von den Black Stories ab, fallen mir „Würfelzucker“, ein Würfelspiel für die ganze Familie mit Suchtgefahr, ein, das „Schätz it – if you can“, ein Quizund Bluffspiel, bei dem man sein Halbwissen in Stellung bringen kann, und vielleicht noch „Lucky Beach“, ein Kartenspiel, bei dem man Strandgut finden muss. Persönlich finde ich das Kommunikationsspiel „Wortwerk“ sehr schön, bei dem man Buchstaben clever kombinieren muss.
Viele moses. Produkte dürften aus China stammen. Welche Rolle spielt das Thema Nearshoring bei Ihnen, gerade unter dem Gesichtspunkt Nachhaltigkeit?
N.T.: Das ist ein Thema, das uns seit einigen Jahren sehr bewegt und begleitet. Allerdings ist es auch eins, das wir von heute auf morgen nicht lösen können, weil es sehr viel Arbeit erfordert und man zugleich auf viele Hindernisse stößt. Ja, es treibt uns sehr um und wir arbeiten sehr intensiv an dem Thema.
Die Deutschen vertrauen Unternehmen nicht so recht, was deren Bemühungen um Nachhaltigkeit angeht. Sie erwarten, dass sie mehr machen als sie angeben. Können Sie solchen Erwartungen überhaupt gerecht werden?
N.T.: Das ist ein schwieriges Thema. Wahr ist, dass wir nur kleine Schritte gehen können, obwohl wir manches auch gerne anders machen würden, aus den unterschiedlichsten Gründen. Aber ich kann mein Business-Modell nicht von heute auf morgen umswitchen, das funktioniert einfach nicht. Wir können nur schauen, was in unserem Rahmen möglich ist, welche Schritt wir gehen können. Das tun wir, Schritt für Schritt, weil wir überzeugt sind, dass auch kleine Schritte für das große Ganze sinnvoll sind. Nachhaltigkeit ist ein sehr langer Prozess.
Haben Sie einen Beauftragten im Unternehmen, der Prozesse und Produkte unter die Lupe nimmt?
N.T.: Nein, das Thema ist wesentlich im Produktmanagement und bei der Programmleitung verankert. Bei jedem Produkt prüfen wir die beiden Möglichkeiten: Wo können wir an Verpackungen auf dem Transportweg vom Lieferanten zu uns sparen und wo beim Produkt und seiner Verpackung was verändern? Brauchen wir Sichtfenster? Können wir Plastikverpackungen auf Papier umstellen? Lässt sich das Produkt nachhaltiger gestalten, wie es uns beim Leselicht Lumi gelungen ist? Die mobile Leselampe gibt es jetzt als wiederaufladbare Variante. Aufladbar ist aber teurer. Die Frage ist also, wann ist die Technik so preiswert und der Markt auch bereit, dafür mehr zu bezahlen, damit wir ein marktreifes Produkt zu einem gerechtfertigten Preis auf den Markt bringen können.
Frau Tebartz, wir bedanken uns für das Gespräch