Nahrung für die Kreativität
Das Kreativ- und Bastelprodukt Playmais feiert 2025 sein 25-jähriges Bestehen mit einem großen Relaunch. Bereits vor einem Jahr stellte die Loick AG die Weichen für die weitere Expansion. Ulrich Texter sprach mit dem Unternehmer des Jahres 2022, Hubert Loick, und Britta Loick, Vorstand der Loick AG, über Natürliches vom Bauernhof, das neue Gesicht der Mais-Chips und über den Standort Deutschland.

Herr Loick, sind Sie Landwirt, Spielwarenhersteller, Erfinder, Unternehmer, Energiemanager, Storyteller, Schlitzohr, wie Arthur Fischer Sie mal nannte, oder Pionier?
Hubert Loick: Leidenschaftlich gerne Bauer – das ist tief in meinem Herzen verwurzelt. Ich bin auf einem Bauernhof groß geworden. Natürlich bin ich auch Vollblutunternehmer und Erfinder mit Visionen. Spielwaren sind ein Stück dieser Leidenschaft.
Ihr Credo: Mais ist die tollste Nutzpflanze der Welt. Warum nicht die Kartoffel? Ihre Karriere als Kaufmann fing doch mit Kartoffeln an.
H.L.: (lacht) Kartoffeln sind das Grundnahrungsmittel Europas. Mein Vater lieferte sie ins Ruhrgebiet, und ich verdiente mit kleinen „Königskartoffeln“ mein erstes Geld. Damals war der Anbau sehr arbeitsintensiv – heute läuft das technisch. Ich bin aber mit Mais groß geworden, weil wir auch Milchwirtschaft hatten. Mais war ertragssicher und kam ohne Pestizide aus – das überzeugte mich früh.
Die Vorzüge von Mais in der Landwirtschaft sind unbestritten, deshalb der rasante Anstieg der Anbaufläche. Ist die Vermaisung auch besonders ökologisch?
H.L.: Das liegt im Blick des Betrachters. Wenn ich etwas nicht mag, ist es erst mal negativ. Fahre ich an die Mosel, sehe ich nur Weinstöcke – ist das eine Verweinung? Richtig ist: Mais wurde oft mit Gülle und einem Herbizid in Verbindung gebracht, das später im Grundwasser auftauchte. Daher galt Mais zunächst als schrecklich.
Und das ist er nicht mehr?
H.L.: Heute ist Mais Teil der Fruchtfolge wie Weizen, Raps oder Kartoffeln. Kartoffeln gehen meist in den Nahrungsmittelbereich. Im Industriesektor setzen wir auf Stärke. Die Loick Gruppe und Playmais nutzen mit geringem Energieaufwand Mehlkörper und Grieß – das unterscheidet unser Produkt. Die Chips werden nicht gespritzt, sondern explodiert. Für Spritzguss braucht man mehr reine Stärke. Kartoffelstärke ginge auch, wäre aber teurer und energieintensiver.
2000 führten Sie die biologisch abbaubaren Verpackungs-Chips Playmais ein – Luft mit Maisgrieß, Wasser und etwas Lebensmittelfarbe, wie Sie selbst sagten. Zum Jubiläum gab es einen Relaunch. War die Luft raus?
H.L.: (lacht) Wenn ich aufschäume, verkapsle ich Luft – das stimmt. Aus dem Verpackungsmaterial haben wir dann Playmais mit spezieller Rezeptur entwickelt. Es gibt Nachahmer, die unter dem Etikett „biologisch abbaubar“ Verpackungsmaterial verkaufen und sagen, man könne damit spielen wie mit Playmais. Davor warne ich – man weiß nicht, was vorher damit verpackt wurde. Was die Luft betrifft: Die war nicht raus. Nach 25 Jahren war es einfach Zeit, etwas für die nächste Generation zu verändern.
Britta Loick: Es hat mich harte Überzeugungsarbeit gekostet, meinen Mann zu diesem Relaunch zu bewegen – er hing sehr an dem alten Playmais …
Landwirte sind, kein Geheimnis, traditionell konservativ eingestellt.
B.L.: Das ist einerseits positiv, doch es brauchte Überzeugungsarbeit und gute Argumente, um meinen Mann davon zu überzeugen, dass der bisherige Markenauftritt von Playmais nicht mehr dem Zeitgeist entsprach. Ich war überzeugt, dass unsere neue Vision vielfältigere Möglichkeiten eröffnet – genau diese Perspektive wollte ich vermitteln.
Was ist mit der Profilschärfung anders geworden? Luft ist und bleibt unsichtbar oder haben Sie sich auf den schönen Schein, die Verpackung konzentriert?
H.L.: Definitiv nicht. In 25 Jahren haben wir nur die Verpackung etwas verändert. Der Schriftzug blieb gleich. Playmais war sehr bunt. Vor 25 Jahren trug ich Hosen mit Schlag – mal kurz, mal lang. Heute ist heute. Generation und Nachfrage haben sich verändert – darauf haben wir reagiert.
B.L.: Werte und Produkt sind geblieben, aber Playmais hat einen neuen Anstrich bekommen. Wir sind näher an der Zielgruppe, haben ihm einen modernen, urbanen Stil gegeben. Die digitale Positionierung wurde angegangen. Vor 25 Jahren war Nachhaltigkeit kein Kundenargument. Heute wird sie stillschweigend vorausgesetzt – und Playmais steht dafür.
Welche Ziele haben Sie sich mit dem Relaunch gesetzt? Wo wollen Sie in fünf Jahren stehen?
B.L.: Der monetäre Aspekt stand nicht im Vordergrund. Unser Fokus liegt darauf, in den nächsten Jahren viele Eltern und Kinder für Playmais zu begeistern – mit ebenso viel Freude, wie wir selbst empfinden. Ziel ist die Expansion, nicht nur in Skandinavien, wo wir bereits erfolgreich sind, sondern auch in Asien, wo großes Interesse besteht.
Wie soll der Handel überzeugt werden?
B.L.: Wir haben nicht nur unsere Marke überarbeitet, sondern auch die gesamte Customer Journey. Wir unterstützen Händler und Abverkauf mit neuen PoS-Materialien, einer neuen Website, Social Media und Influencer-Kooperationen.
H.L.: Viele wollen ins Regal – man muss auch den Abverkauf daraus ankurbeln. Playmais beginnt ab etwa drei Jahren. Wir wollen die Zielgruppe erweitern, auch in den Kunstbereich. Playmais ist Nahrung für Kreativität – das sagt alles.
Für Playmais erhielten Sie das Nachhaltigkeitssiegel „Green Brand“. Heute scheint jeder alles als nachhaltig zu labeln. Welche Kriterien muss ein Spielzeug erfüllen, damit es nicht nur Greenwashing ist?
H.L.: Unser Unternehmen lebt Nachhaltigkeit. Alles ist Teil eines Kreislaufs: Wir bauen den Rohstoff an, stellen organischen Dünger her und beziehen Strom aus Biogas- und PV-Anlagen. Die Energie fürs Aufschäumen stammt aus der heißen Abluft der Motoren. Unsere Rohstoffe werden wie Lebensmittel geprüft, die Kartonage ist nachhaltig – und wir sind zertifiziert.
B.L.: Nachhaltigkeit beschränkt sich bei uns nicht auf CO2. Wichtig ist der achtsame Umgang mit Natur, Mitarbeitern, Kindern und Zukunft. Das zeigt sich im Produkt und in den langjährigen Beziehungen zu unseren Partnern.
Loick ist zertifiziert, aber sind Zertifikate oder Siegel nicht oft eine moderne Form des Ablasshandels?
H.L.: Nicht unbedingt. Wer in Panama 100 Bäume pflanzt, verbraucht womöglich mehr CO2 beim Hinflug, als die Bäume binden. In der Stadt kann man kaum Energie erzeugen oder Bäume pflanzen – dafür gibt es Zertifikate. Doch die werden teils missbraucht, wie das Beispiel der Mineralkonzerne beim THG-Quoten-System zeigt.
B.L.: Das sind keine Klagelieder. Die Landwirtschaft ist das Opfer – für das Glück, eine Europäische Union zu haben. Deutschland ist Industrieland, keine Agrarnation. Die Ausgleichszahlungen galten Ländern mit starker Landwirtschaft wie Frankreich. Der Protest vor zwei Jahren war harmlos im Vergleich zu IG Metall oder ver.di. Landwirte wollten zeigen, dass immer mehr zulasten der Landwirtschaft geht – und Berlin sie mit ideologischer Politik verraten hat. Wir tragen hohe Auflagen und stehen einer übermächtigen Handelsseite gegenüber. Von einem Euro Agrarsubvention kommen weniger als 30 Cent an – der Rest geht in Bürokratie. Deshalb sagt die Landwirtschaft: Schafft das Agrarsystem ab.
Mit der Loick AG am Tor zum konservativen Münsterland, einem Vater als Bürgermeister und eigener Agrarausschuss-Erfahrung ist Politik bei Ihnen so präsent wie der Mais auf den Feldern. Während in Berlin am Koalitionsvertrag gefeilt wird – was wünscht sich der Landwirt von der neuen Bundesregierung?
H.L.: Ich wünsche mir eine ehrliche Politik, die Rahmen und Akzente setzt – eine, die uns nicht weltweit blamiert, sondern dem Wohl Deutschlands dient. Vielleicht sollte man auch das Wahlsystem reformieren, damit nicht alle zwei Jahre gewählt wird und man ständig dem Bürger nach dem Mund redet. Ich wünsche mir eine Politik der Mitte, die transparent mit Haushaltsgeldern umgeht. Auch als Unternehmer will ich klare Rahmenbedingungen – sonst soll sich die Politik raushalten.
Im vergangenen Jahr haben Sie am Standort Dorsten eine neue Halle für Produktion und Forschung von ca. 6.000 m2 hochgezogen. Ist der Standort Deutschland doch nicht so schlecht, wie ihn die Wirtschaft immer redet?
H.L.: Ein Unternehmer hat immer eine positive Einstellung – sonst wäre er kein Unternehmer. Die Investition in Dorsten hat familiäre Gründe. Natürlich könnte man ins Ausland gehen – wir produzieren auch in Brasilien. Aber unsere Kinder haben großes Interesse und sind mit dem Unternehmen aufgewachsen. Die neue Halle in Dorsten gibt uns für die nächsten zehn bis 15 Jahre die Möglichkeit, unsere Kapazitäten auszubauen. Wir erwarten, dass sich Playmais nach dem Relaunch gut entwickelt.
Der GreenTech Monitor 2025 zeigt: 11,7 Mrd. € flossen in fünf Jahren in GreenTech-Startups, jedes vierte im Energiesektor. Goldene Zeiten für die Loick AG mit ihrem dritten Standbein erneuerbare Energien?
H.L.: Daran haben wir ein Stück mitgewirkt, stimmt. 1999 starteten wir mit Biogas, 2015 folgte die Investition in Sonnenenergie. Inzwischen bieten wir mobile, faltbare Solaranlagen für den Eigenverbrauch an. Jetzt gehen wir Wasserstoff an: Unser „Power 2 Gas“-Projekt in Bad Langensalza ist ein Pilotprojekt mit Fraunhofer UMSICHT und BOREAS. Ziel ist es, zukunftsweisende Technologien breit nutzbar zu machen – Langensalza soll ein übergeordnetes Infrastrukturnetz für PV-Strom, Windstrom und grünen Wasserstoff aufbauen.
Trump hat den Inflation Reduction Act zurechtgestutzt. Kann Deutschland nun im GreenTech-Bereich eine Führungsrolle übernehmen – und was muss dafür passieren, wenn es schon bei Autos hakt?
H.L.: Ganz klar, können wir. Deutschland hat großes Potenzial – auch wenn das, was Trump angezettelt hat, uns zunächst schadet. Wir haben gute Ingenieure, viele Techniken wurden hier entwickelt. Aber wir müssen in Bildung investieren und Bürokratie abbauen, um innovativer zu werden. Ja, Deutschland kann Vorbild sein – aber wir müssen mit dem Ausländerhass aufhören. Wir brauchen Menschen, die hier arbeiten wollen. Wer sich nicht integrieren will, geht eben wieder.
Frau Loick, Herr Loick, wir bedanken uns für das Gespräch.