Online-Handel: Wachstumstreiber oder Bedrohung?
E-Commerce prägt den Einzelhandel, doch das Weihnachtsgeschäft 2024 enttäuschte viele Händler. Trotz leichtem Wachstum im Spielwarenbereich bleibt der Konkurrenzdruck durch globale Plattformen und Discounter hoch.

Für den grenzüberschreitenden Online-Handel war 2024 ein weiteres Erfolgsjahr. Plattformen wie TEMU und Shein, die sich durch unschlagbare Preise und schnelle Lieferzeiten auszeichnen, eroberten neue Marktanteile in Europa. Im Jahr 2023 entfielen bereits 31 % aller weltweiten Online-Käufe auf Cross-Border-Transaktionen – ein deutlicher Beleg für die wachsende Bedeutung internationaler E-Commerce-Strategien (Quelle: IFH Köln). Doch die Konkurrenz wächst nicht nur online: Auch Discounter wie Action (Niederlande) und Pepco (Polen) verstärken den Druck auf den Markt. Sie bieten Spielwaren und Haushaltsartikel zu Tiefstpreisen an und setzen verstärkt auf internationale Expansion. Für den stationären Handel bedeutet das: preisliche Konkurrenz, geringere Margen und eine wachsende Abwanderung von Kunden.
Ein schwieriges Weihnachtsgeschäft für viele Händler
Laut einer aktuellen Umfrage des BEVH fiel das Weihnachtsgeschäft 2024 enttäuschend aus. Die Umsätze im Online-Handel gingen im Vergleich zum Vorjahr um 4,2 % zurück. Besonders stark betroffen waren die Kategorien Bekleidung (–8,2 %) und Unterhaltungselektronik (–5,7 %). Ein Lichtblick bleibt der Spielwarenmarkt: Der Online-Umsatz konnte in diesem Segment um 2,7 % wachsen (Quelle: BEVH). „Die Unsicherheiten der Konsumenten, bedingt durch Stellenabbau und politische Krisen, haben die Kauflaune gedämpft“, erklärt Martin Groß-Albenhausen, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des BEVH. Spielwaren profitierten dennoch von ihrer Rolle als klassisches Weihnachtsgeschenk. Trotzdem steht der Fachhandel unter Druck. Ein wachsendes Problem bleibt der „Showrooming“-Effekt: Kunden informieren sich vor Ort, kaufen die Produkte aber anschließend online günstiger.
Direktvertrieb: Hersteller drängen in den Wettbewerb
Immer mehr Hersteller setzen auf Direktvertrieb und verkaufen Produkte direkt an Endkunden. Online-Shops und eigene Flagship-Stores großer Marken wie Lego und Playmobil umgehen klassische Handelswege. Michael Edl von ROFU Kinderland betont die Konsequenzen: „Wenn Lieferanten verstärkt den direkten Weg zum Endkunden (B2C) wählen, greifen sie aktiv in die Verkaufspreisgestaltung ein und setzen den stationären Handel unter zusätzlichen Druck.“ Um sich zu behaupten, müssen Händler ihre Stärken ausbauen: persönliche Beratung, ein einzigartiges Einkaufserlebnis und Kooperationen, die Mehrwerte schaffen, die Online-Plattformen nicht bieten können. Nach zwei Jahren der Stagnation kehrt der B2C-Online-Handel 2024 auf Wachstumskurs zurück. Laut dem „Branchenreport Onlinehandel“ des IFH Köln stieg der Umsatz um 4,1 % auf 104,7 Milliarden Euro – und liegt damit leicht über dem Rekordniveau von 2021. Hansjürgen Heinick vom IFH Köln erklärt: „Der Online-Handel ist zurück auf dem vorpandemischen Wachstumskurs. Neue Anbieter wie TEMU und Shein treiben mit niedrigen Preisen und hohem Convenience-Faktor die Dynamik voran.“ Die Prognose bis 2028 bleibt positiv: Bei gleichbleibender Dynamik könnte der Umsatz auf 120 Milliarden Euro steigen, bei beschleunigter Entwicklung sogar auf 135 Milliarden Euro. Selbst in einem Szenario mit abnehmender Dynamik ist mit einem Anstieg auf 108 Milliarden Euro zu rechnen.
Städte ohne Fachhandel? Die Rolle der Innenstädte
Die Verlagerung in Richtung Online-Shopping trifft viele Innenstädte hart. Leerstände und der Verlust von Fachgeschäften machen Einkaufszonen zu Problemfällen. Doch es gibt Lösungsansätze. „Innenstädte müssen zu Orten werden, die mehr bieten als nur Konsum“, sagt ein Experte. Mit Konzepten wie Spieleabenden, Workshops oder Pop-up-Stores könnten Händler die Bindung zu Kunden stärken. Lokale Händler spielen dabei eine Schlüsselrolle: Sie bereichern die Innenstädte durch innovative Angebote und ein persönliches Einkaufserlebnis. Trotz Herausforderungen bleibt der Fachhandel im Vorteil, wenn er auf das setzt, was Online-Plattformen nur schwer nachahmen können: das persönliche Erlebnis. Beratung, ein ausgewähltes Sortiment und ein starkes lokales Netzwerk binden Kunden. Hybride Modelle wie Click-and-Collect, bei denen Kunden online bestellen und die Ware vor Ort abholen, bieten Flexibilität und Nähe. Kooperationen mit Herstellern für limitierte Editionen und digitale Tools wie Augmented Reality schaffen zusätzliche Anreize.
Fazit: Fachhandel und Onlinehandel – ein ungleiches Rennen?
2024 war ein Jahr der Kontraste. Der Online-Handel wächst und definiert den Wettbewerb neu, während der Fachhandel mit Direktvertrieb, Preisverfall und sinkender Kundenfrequenz kämpft. Doch Innovation und Erlebnisangebote können den stationären Handel zukunftsfähig machen. Die Zukunft liegt in hybriden Konzepten und digitalen Tools, um den Herausforderungen der neuen Handelswelt zu begegnen.