Partner­schaften müssen Sinn ergeben

21.08.2025

Grundsätzlich gesprächsbreit gibt man sich auch bei der VEDES. Wer hat auch schon etwas gegen Kommunikation als sozialen Kitt und Medium der Information? Aber wer macht den ersten Schritt, damit der Prozess beginnen kann? Nach dem duo/idee+spiel-Deal machte sich in Nürnberg das Gefühl von „schade“ breit. Ulrich Texter sprach mit der VEDES-Vorstandsvorsitzenden Julia Graeber
Ein Aushang mit dem Schriftzug "Nachfolger gesucht" in einem Schaufenster eines Ladens
Frau Graeber, wir haben seit Jahren einen Trend zu größeren Verbundgruppen. Die VEDES selbst arbeitet mit der EK Retail in der ToyPartner VEDES/EK GmbH zusammen. Haben Sie die Entwicklung in Hildesheim, die nicht überraschend kam, verschlafen?
Julia Graeber: Die VEDES ist offen für Partnerschaften, das haben wir mit den Bielefelder Kollegen gezeigt, mit denen wir seit Jahren partnerschaftlich zusammenarbeiten. Die Studie zur Zukunftsfähigkeit von Verbundgruppen, die Prof. Dirk Morschett durchführte, zeigt ebenfalls, dass Kooperationen der Weg der Zukunft sind, weil die Komplexität in den letzten Jahren weiter deutlich zugenommen hat.

Wir wollten eigentlich wissen, warum Funkstille zwischen Nürnberg und Hildesheim über eine mögliche Neuaufnahme einer Kooperation herrschte!
J.G.: Bei jeder Partnerschaft ist es entscheidend, ob sie strategisch und wirtschaftlich Sinn ergibt. Darüber hinaus muss es auch zwischenmenschlich passen. Die VEDES hat im Rahmen eines Generationswechsels den Vorstand neu aufgestellt. Gerade für uns als junges neues Führungsteam ist die langfristige und wirtschaftliche Ausrichtung sehr entscheidend, denn wir wollen die Geschicke ja noch ein paar Jahre lenken. Sieht man, dass ein großes Mitglied von idee+spiel sich dazu entschlossen hat, diesen Weg nicht mitzugehen, sondern an Thalia zu verkaufen, ist das auch ein Zeichen in der Branche.

Sondierungsgespräche zwischen Nürnberg und Hildesheim hätten durchaus Sinn ergeben, auch wenn die erste Ehe krachend auseinanderging. Sie wissen ja, die Welt ist voll mit Menschen, die darauf warten, dass der andere redet.
J.G.: Zweifelsfrei gibt es viele Schnittmengen, sowohl beim Sortiment als auch in der Struktur. Im Nachhinein ist es natürlich immer schwierig zu sagen, warum es dazu nicht gekommen ist, aber die Frage müssten Sie eigentlich Hildesheim stellen. Liest man die Presseerklärung, gewinnt man den Eindruck, dass sich idee+spiel als Verbundgruppe auflöst. Da scheint es aus meiner Sicht jedenfalls hinzugehen. Offensichtlich ist der Druck im Markt so hoch, dass man sich für diesen radikalen Weg entschieden hat. Und die Verhandlungen zwischen idee+spiel und duo dürften sicherlich schon eine ganze Weile geführt worden sein.

Mit der neuen Allianz entsteht die größte europäische Spielwarenkooperation. Sagen die Macher. Wird es für die VEDES mit der neuen Konkurrenz schwieriger am Markt, der Wettbewerb um Mitglieder härter?
J.G.: Das steht erst einmal nur so auf dem Papier. Nach wie vor ist die VEDES die größte Verbundgruppe für Spielwaren in Europa mit einem leistungsstarken Portfolio. Wir freuen uns über jeden, der Teil dieser starken Gemeinschaft werden will, aber am Ende entscheiden die Händler selbst, welchen Weg sie für die Zukunft wählen.

duo ist die einzige Verbundgruppe der Branche, die in den letzten Jahren wuchs, sieht man von dem kleinen Dämpfer im letzten Jahr ab. Müssen Sie sich nicht langsam Sorgen machen?
J.G.: Die strategische Entwicklung der VEDES ist klar. Unsere Leistungsplattform wird weiter ausgebaut, ob im Bereich der Digitalisierung, der Warenwirtschaft oder dem Online-Shop. Der Fokus liegt darauf, dass wir langfristig unsere Händler und Markenpartner stärken durch, erstens, verlässliche Prozesse, zweitens starke Sortimente, drittens durch unsere Logistik und viertens einer großen individuellen Betreuung. Ein Beispiel: Das VEDES Zukunftsnetzwerk während der Jahrestagung stieß auf eine enorm positive Resonanz, sodass wir irgendwann einen Anmeldestopp aussprechen mussten, weil wir überrannt worden sind. Dort wird über KI, die weitere Digitalisierung diskutiert, Themen einer jungen Generation.

Ist die Branche neuerdings sexy?
J.G.: Sieht man, was derzeit im Spielwarenhandel passiert, kann man das auch als ein klares Signal für die Attraktivität des Marktes verstehen. Als VEDES begrüßen wir jede Initiative, die den stationären Fachhandel stärkt oder wo man versucht, in die Innenstadtlagen zurückzukehren. Daran wollen wir auch partizipieren.

Allerdings dürften die Herausforderungen, ein zweites Standbein mit Spielwaren aufzubauen, um den Fall Thalia aufzugreifen, größer sein, als nur „arrondierende Spielwaren“ in den traditionellen Buchtempeln zu vermarkten.
J.G.: Das stimmt. Auch Thalia muss noch beweisen, dass Spielware in Innenstadtlagen mit den heutigen Kostenstrukturen funktioniert. Das ist die Herausforderung der gesamten Branche und d. h. auch, dass große Player zeigen müssen, wie sie dem begegnen wollen.

Wo sehen Sie die Vorteile der VEDES gegenüber der neuen Allianz?
J.G.: Ein großer Vorteil ist zum einen, dass unsere Mitglieder vom Wachstum des VEDES Großhandels profitieren, weil er in die VEDES Gruppe integriert ist. Der Großhandel für Spielwaren ist breit und umfassend aufgestellt, über unsere Tochtergesellschaft in Hongkong haben wir die Möglichkeit, Eigenmarken in großen Volumina herzustellen, wovon alle etwas haben. Es macht einen großen Unterschied, ob ein privatwirtschaftliches Familienunternehmen einen Großhandel betreibt oder die Mitglieder einer Genossenschaft, die direkt an der Entwicklung beteiligt sind. Diese Unternehmenskultur zieht sich durch die ganze VEDES: das Recht auf Mitsprache und der Wille, gemeinsam die Dinge anzugehen und weiterzuentwickeln.

duo kennt man vielleicht in Berlin und seinem Speckgürtel, bei idee+spiel muss man lange nachdenken. Selbst bei der Jahrhundertmarke VEDES muss sich der gemeine Bürger anstrengen. Macht eine Zwei- oder gar Dreimarkenstrategie, wenn wir Eurotrain dazurechnen, überhaupt Sinn?
J.G.: So, wie es aussieht, hat duo in einem ersten Schritt die Markenrechte von idee+spiel und Eurotrain übernommen. Am Ende wird es eine strategische Entscheidung sein, aber dass duo auf seine Marke setzt, ist folgerichtig. Wie die strategische Positionierung in Richtung Markenentwicklung bei den Wettbewerbern aussehen wird, das müssen Sie in Berlin nachfragen. Betrachtet man die Verbundgruppenlandschaft in unserer Branche, dann ist die VEDES jedenfalls die klare Nummer 1. Bei der VEDES ist die Marke ein Kernelement der Strategie, weil sie Erwartungen weckt und Kunden anspricht. Deshalb wollen wir die Marke VEDES weiterhin gezielt über alle Kanäle und Touchpoints stärken – sowohl im digitalen Bereich und über Social Media, um die Jüngeren abzuholen, als auch in den Läden.

Wo liegen die größten Herausforderungen für die neuen Partner?
J.G.: Bei einer strategischen Allianz zwischen duo und idee+spiel auf Augenhöhe hätte ich zahlreiche Herausforderungen auf die Partner zukommen sehen. Nehme ich das, was in der Presse zu lesen war, wird idee+spiel als Verbundgruppe vom Markt verschwinden, während duo die idee+spiel-Mitglieder, die wechseln möchten, aufnimmt. Mögliche Reibungspunkte sind dadurch ausgeräumt, weil man auf das bestehende System von duo aufsetzt. Nicht ohne Grund habe ich betont, dass die VEDES ein junges Führungsteam hat. Das sieht in Berlin anders aus. Die entscheidende Frage ist aber, wie sich die Händler entscheiden, mit welchem Verband sie in die Zukunft gehen wollen.

Frau Graeber, wir bedanken uns für
das Gespräch.