Warum Spielwaren im LEH oft scheitern
Wie bessere Präsentation und Strategie den Nonfood-Erfolg steigern können.

Spielwaren im Supermarkt oder Discounter? Für viele Lebensmittelhändler klingt das verlockend: zusätzliche Flächenumsätze, Impulskäufe und eine einfache Möglichkeit, saisonale Themen wie Ostern oder Weihnachten aufzunehmen und zu bespielen. Doch in der Praxis bleibt der Erfolg oft hinter den Erwartungen zurück. Woran liegt das? Eine Expertenbefragung (n = 39) der DHBW Heilbronn zeigt: Es sind weniger die Produkte selbst als vielmehr die Art und Weise, wie sie präsentiert und inszeniert werden.
Der mit Abstand häufigste Grund für das Ausbleiben von Käufen ist laut der Befragung die unattraktive Präsentation am Point of Sale. Die Regale sind oft zu voll, zu lieblos bestückt oder wirken wie unattraktive Restpostenflächen. Während die Obst- und Gemüseabteilung beständig über den Tag gepflegt wird, ist dies bei den Nonfood-Strecken oft nicht der Fall. Statt Begeisterung zu wecken, senden sie ein klares Signal: Hier gibt es nichts Besonderes. Vor allem bei Spielwaren, die von Emotionen, Farbe und Fantasie leben, ist das ein echter Kaufverhinderer.
Hinzu kommt, dass die wahrgenommene Qualität vieler Nonfood-Produkte – auch im Bereich Spielwaren – häufig als gering eingestuft wird. Wenn die Kundschaft Verpackungen sieht, die billig wirken, oder Produkte, die keine Markenwiedererkennung erzeugen, sinkt die Kaufbereitschaft rapide. Der fehlende Neuigkeitsgrad, so die Experten weiter, ist ein zusätzlicher Stolperstein: Wer nur Altbekanntes oder Offensichtliches anbietet, wird im Wettbewerb mit Onlineplattformen, Fachhandel oder Drogeriemärkten verlieren. Auch strukturelle Faktoren spielen eine Rolle. Eine geringe Sortimentsbreite, etwa wenn nur fünf oder sechs Artikel zur Auswahl stehen, wirkt wenig inspirierend. Noch gravierender wird es, wenn Produkte beworben werden, aber im Markt nicht verfügbar sind – ein typisches Problem bei Aktionsartikeln, das nicht nur zum Kaufabbruch führt, sondern langfristig das Vertrauen beschädigt. Bei Out-of-Stock-Situationen stehen meist keine Substitutionsprodukte zur Verfügung. Die Kunden verlassen enttäuscht den Laden.
Emotionale Faktoren als Kaufhürde
Überraschend weit oben auf der Liste der Kaufhürden stehen emotionale Faktoren: Unattraktives Verpackungsdesign, eine schlechte Ladenatmosphäre und das Fehlen einer klaren Produktinszenierung wirken stärker, als viele annehmen. Gerade bei Spielwaren, bei denen der „Haben-wollen-Effekt“ eine zentrale Rolle spielt, reicht ein günstiger Preis allein längst nicht mehr aus.
Was folgt daraus? Die einfache Platzierung von Nonfood-Produkten – ob Spielwaren, Haushaltsartikel oder Deko – in Systemtischen oder Displays reicht nicht aus. Vielmehr braucht es eine gezielte Sortiments- und Präsentationsstrategie. Produkte müssen inspirieren, überraschen und einen Impuls auslösen. Verpackungen sollten hochwertig und modern gestaltet sein, idealerweise mit einem klaren Mehrwert oder Zusatznutzen. Auch Themenwelten – etwa „Sommer im Garten“, „Schulstart“ oder „Spielen im Freien“ – können helfen, Produkte emotional aufzuladen und Verbundwirkungen zu nutzen. Lizensierung ist gerade bei Spielwaren immer abverkaufsfördernd. Für die Spielwarenbranche ergeben sich daraus klare Handlungsempfehlungen. Erstens: Hersteller und Lieferanten sollten verstärkt in marktfähige Verpackungen und PoS-Konzepte investieren, die auch in einem herausfordernden Umfeld wie dem LEH funktionieren. Zweitens: Spielwaren im LEH müssen selektiv und strategisch eingesetzt werden – lieber wenige Highlights als breite, aber belanglose Auswahl. Drittens: Eine enge Abstimmung zwischen Handel und Industrie ist essenziell, um Verfügbarkeiten sicherzustellen und Themenplanung frühzeitig abzustimmen. Hier muss auch ein besserer Datenaustausch stattfinden. Die KI kann dann ein besseres Forecasting und Pricing ermöglichen und Early Gains ermöglichen.
LEH als Chance für Spielwaren
Nicht zuletzt sollte die Spielwarenbranche den Lebensmitteleinzelhandel nicht als minderwertigen Absatzkanal sehen, sondern als Chance, neue oder bestehende Zielgruppen besser zu erreichen. Kunden kaufen bis zu 200-mal im Jahr Lebensmittel in verschiedenen Shoppingtrips im Lebensmittelhandel. Diese Frequenz gilt es zu nutzen und als Anbieter von Spielwaren hinzugehen, wo die Kunden unterwegs sind. Dafür braucht es aber ein anderes Denken: weg vom Abverkaufsartikel, hin zum Erlebnisprodukt. Denn nur wer die Magie des Spielens auch am Supermarktregal entfacht, wird dort langfristig erfolgreich sein. Die Branche kennt sich mit emotionalen Produktkonzepten ja gut aus.

Dr. Carsten Kortum
lehrt als Professor an der Dualen Hochschule Heilbronn. Der versierte Handels-Experte war zuvor viele Jahre in verantwortlichen Positionen für die Nonfood-Sparte von Lidl tätig.