Zollkrieg trifft Spielwaren­branche ins Mark

9.06.2025

Die Blitzumfrage „A New Art of a Deal“ des DVSI zeigt, wie massiv der von
Donald Trump angezettelte Handelskrieg die hiesige Spielwarenbranche trifft.
Auch der amerikanische Markt steht laut der Toy Association vor einer Zeitenwende.

Planet Toys Gefühlt. Gekauft. Geschenkt.

Donald Trump hat sich wieder in Stellung gebracht – und diesmal trifft es die Weltwirtschaft mit voller Wucht. Mit seinen neu eingeführten Zöllen erklärte der US-Präsident im April 2025 den sogenannten „Liberation Day“ – und damit den Handelsfrieden für beendet. Die Folge: massive Verluste an den Börsen, völlig verunsicherte Unternehmen und Containerschiffe, die nicht mehr gebucht werden oder deren Ware auf der Fahrt zum Ziel erheblich teurer wird. Vor allem einzelne Vorzeigebranchen der deutschen Wirtschaft wie Pharma- und Automobilindustrie, Chemie und Maschinenbau, die den Löwenanteil der Exporte ausmachen, werden von den US-Zöllen massiv durchgeschüttelt. Aber nicht nur die Exportgrößen leiden, sondern auch die globale Spielwarenbranche erlebte ein böses Erwachen. Das zeigt eine DVSI-Blitzumfrage unter rund 220 Mitgliedsunternehmen sowie eine Erhebung der The Toy Association (TTA) zu den möglichen wirtschaftlichen Auswirkungen und wie ein Zoll von 145 % auf Spielzeugimporte aus China zu bewerten ist. Über 400 TTA-Firmen antworteten auf die Umfrage. Ein Ergebnis: Fast die Hälfte der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) gab an, aufgrund der aktuellen US-Zollpolitik bald ihr Geschäft aufgeben zu müssen. Einzelhändler befürchten bereits eine Spielzeugknappheit zu Weihnachten, wie die New York Times berichtete, weil sie Engpässe und höhere Preise befürchten. China produziert fast 80 Prozent aller Spielsachen, die in Amerika verkauft werden.

Die Rückkehr der Machtpolitik

Auch die DVSI-Blitzumfrage macht deutlich, wie hart das politische Beben die deutsche Spielwarenbranche trifft. 46 % der Unternehmen erwarten eine komplette Neuordnung des Welthandels, 22 % glauben gar an das Ende der Globalisierung in ihrer bisherigen Form. Nur 37 % setzen auf ein baldiges Zurück zur Normalität. Die Mehrheit jedoch sieht Chaos statt Plan: 41 % nennen Trumps Politik „chaotisch“, 32 % „impulsiv“. Lediglich 7 % glauben an eine durchdachte Strategie. Diese Unsicherheit hat reale wirtschaftliche Folgen: 63 % der befragten Unternehmen rechnen mit einem Rückgang von Wohlstand und Arbeitsplätzen, 51 % mit weltweiter Inflation, 33 % sogar mit einer Rezession. Und die DVSI-Mitglieder stehen nicht alleine da. Eine Anfang Mai von der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) vorgelegte Studie zum Wandel der Weltwirtschaftsordnung kommt zu dem Ergebnis, dass die liberale, multilaterale und regelbasierte Welthandelsordnung unter dem Dach der WTO zunehmend erodiert und durch Machtpolitik ersetzt wird. Eine Rückkehr zum Status quo der vergangenen Jahrzehnte, so die Autoren der Studie, sei unrealistisch.

Druck auf allen Seiten

In einer Branche, die auf funktionierende globale Lieferketten angewiesen ist, sorgen Zölle für große Unsicherheit. Besonders Unternehmen mit mehr als 10 Mio. Euro Jahresumsatz sehen sich in ihren globalen Produktions-, Liefer- und Verkaufssystemen gefährdet (82 %). Bei kleineren Betrieben wiederum steht die Konsumzurückhaltung ganz oben auf der Sorgenliste (73 %). Der Druck durch Inflation und steigende Rohstoffkosten betrifft alle – mittelgroße Unternehmen bewerten diese Entwicklung als besonders kritisch (75 %). Gleichzeitig stellt sich die Frage: Wie kann man dem etwas entgegensetzen? Können bilaterale Kooperationen mit vielen verschiedenen Staaten und Wirtschaftsräumen sowie hoher außenwirtschaftlicher Offenheit und ein noch stärker integrierter EU-Binnenmarkt helfen, dass sich das wirtschaftliche Schwergewicht EU resilienter aufstellt, wie man beim vbw glaubt? Fest steht: So, wie sich Europa sicherheitspolitisch neu aufstellen muss, so muss es auch wirtschaftspolitisch neue Wege gehen.

Strategisch gegensteuern

Die Mehrheit setzt auf europäische Lösungen: 51 % wollen ihr Engagement im EU-Binnenmarkt stärken, 37 % suchen strategische Allianzen, 36 % neue Märkte. Besonders internationale Unternehmen setzen zusätzlich auf professionelles Risikomanagement und diversifizierte Lieferketten. Auffällig ist auch, was die Branche nicht will: Trumps erklärtes Ziel, Produktionen in die USA zu holen, verfängt nicht – nur 4 % der Befragten halten das für realistisch. Selbst die Verlagerung in andere internationale Regionen kommt nur für 10 % infrage.  Kleine Unternehmen reagieren oft mit Fokussierung: schlankere Sortimente, mehr Beratungskompetenz, bessere Kundenbindung. Mittelständler investieren in Einkaufseffizienz, digitale Lösungen und flexible Strukturen. Die Großen nutzen ihre Ressourcen, um sich global breiter aufzustellen – mit neuen Märkten, angepassten Produkten und einer deutlich robusteren Logistik.

Erwartungen an Europa

Klar wird auch: Die Branche fordert politische Rückendeckung. 72 % der Befragten wünschen sich ein stärkeres Eintreten für europäische Interessen, 60 % sprechen sich für neue Freihandelsabkommen aus. Fast die Hälfte (49 %) plädiert für Schutzmaßnahmen gegen unfaire Handelspraktiken. 53 % würden sogar Digitalzölle auf große US-Tech-Konzerne befürworten. Ob ein Weiterdrehen an der Zollschraube zur Deeskalation führt, bleibt fraglich – wie das Beispiel des amerikanisch-chinesische Handelskonflikts zeigt. Hinzu kommt eine neue Sorge, dass 74 % der Befragten glauben, dass China als Reaktion auf die US-Zölle Europa mit Billigexporten überschwemmen könnte – ein Szenario, das besonders Modellbau- und Zubehörhersteller alarmiert (89 %). Bereits 2024 warnte der DVSI vor Plattformen wie TEMU oder SHEIN – jetzt bekommen diese Warnungen neue Brisanz.